Wunschkonzert

Monolog ohne Worte von Franz-Xaver Kroetz

Stück

Zu Hause bei Frau Rasch. So lautet die Einladung zu einem ungewöhnlichen Theaterabend. Frau Rasch, eine Selfmade-Frau mit einer beachtlichen beruflichen Karriere, ist noch nicht zu Hause. Nehmen Sie doch bitte schon mal im geräumigen Wohnzimmer Platz. Während Sie die neu ankommenden Gäste beobachten, betritt eine elegant gekleidete Frau den Raum, in beiden Händen die Einkäufe des Tages. Mit der Sicherheit der gewohnten Umgebung räumt sie auf, zieht ihre Schuhe aus und macht es sich bequem. Sie dekandiert einen edlen Tropfen spanischen Weins, öffnet ein Fenster und liest in einem Live-Style-Hochglanzmagazin. Die Welt von draußen dringt übers Radio in ihr stilvoll eingerichtetes Heim. Amüsiert beobachten Sie, wie Frau Rasch ihre Figur im Blickfeld, das Abendessen auf eine kleine Portion reduziert und dann doch noch mal zulangt. Mit voyeuristischem Blick nehmen Sie teil an den allabendlichen Ritualen, beobachten Situationen, deren Intimität aus dem Gefühl des Unbeobachtetseins resultiert. Sie schmunzeln, wenn Sie Bekanntes in den kleinen Gesten und Macken der Frau entdecken. Ein Abend, der Sie mit Humor und Sensibilität in den Bann zieht, und das obwohl kein Wort fällt. Die heile Welt scheint perfekt, wenn da nicht ganz beiläufig eine große Entscheidung fallen würde...

Eine Einladung ins Unbekannte. Neugierde und die Lust am Voyeurismus lockt in die fremde Wohnung. Was treibt die Unbekannte von nebenan, wie lebt sie, was macht sie, wenn sie allein ist, welche Marotte entlarvt ihr Innenleben und bietet Einblick in ihre Sehnsüchte und Wünsche. Was treibt sie, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. Dieser Voyeurismus lässt Reality-Shows und Doku-Soaps in die Sendeplätze der Fernsehsender sprießen. Immer auf der Lauer, dass etwas passiert, was dieses Leben als Leben qualifiziert und zu etwas Besonderem macht: Schrecken, große Gefühle, übermäßiges Glück oder Elend, das ist es, was zum Zuschauen animiert. Und diesmal ist Frau Rasch das Opfer der Begehrlichkeiten: Single, gutaussehend, mit besten Karrierechancen, Musikfreund mit Stil, eine Frau mit Geschmack - und doch, irgendwo muss diese Oberfläche einen Kratzer haben.

Presse

"... Eine mutige und eindringliche Tour de Force der Schauspielerin Marie-Therese Futterknecht, die in Franz-Xaver Kroetz' radikalem Monolog ohne Worte nicht sprechen darf, aber ein umfassendes emotionales Spektrum mit ihrem Gesicht, ihrem Körper, Gesten und wenigen Urlauten so erzählt, dass diese Frau Rasch die innere Grenze des Publikums durchbricht. Überzeugend gelingt es Regisseurin Susanna Enk, das aufwühlende Plädoyer des Dramatikers gegen Selbstmord als Antwort auf nicht erfüllte Erwartungen von 1971 in eine Gegenwart von aufzehrenden Karrieren, kühlem Interieur und mitunter hämisch schweigenden Handys zu transportieren." (Kölner Stadt-Anzeiger 17.3.07)

"... Das ungewöhnliche Theaterexperiment zwischen mediengeschultem Authentizitätskitzel und dem unmittelbaren Erlebniszwang eines unausweichlich fatal verlaufenden Abends in eingeübter Einsamkeit beginnt für das Publikum aber weit vor dieser Einstiegssequenz: Ein unveröffentlichter Aufführungsort erfordert ein Treffen andernorts, eine Taxifahrt und schließlich den Kampf gegen den Heimeligkeitsinstinkt in einer Wohnlandschaft aus Designexperimenten und der typischen Fotosammlung eines Vollblutsingles. Für das Kölner 51grad hat Regisseurin Susanna Enk den Stoff in den Privatraum exportiert, also dorthin, wo das zeitgenössisch geführte Gähnen gegenüber allzu herb vorgetragenem Seelenelend im Halse stecken bleibt." (Der Standard 24./25.3.07)

"... Das theater-51grad.com, spezialisiert auf die spannende Umsetzung zeitgenössischer Themen an ungewöhnlichen Spielorten, hat Franz Xaver Kroetz' 1971 entstandenen Einakter 'Wunschkonzert' da angesiedelt, wo er laut Regieanweisung hingehört: in einer Privatwohnung. Nor so kann jene beklemmende Situation hergestellt werden, die das Publikum in die Rolle von Voyeuren verweist. Und es bedarf einer so starken Schauspielerin wie Marie-Therese Futterknecht, um sich in diesem 'Monolog ohne Worte' scheinbar unbeobachtet von 18 Augenpaaren den intimsten Gefühlen und Verrichtungen hinzugeben. Die junge Österreicherin und ihre Regisseurin Susanna Enk spielen souverän mit der Fantasie von Passanten, die sich gern Geschichten zu den Menschen hinter den erleuchteten Fenstern der Großstadt ausdenken... Eine ergreifende Studie über die Einsamkeit." (Kölnische Rundschau 22.3.07)

"... Radikaler Realismus und die strikt gezogene theatrale vierte Wand erinnern an den Voyeurismus der Doku-Soaps, doch statt zu bedröhnen wird bewusst gemacht, wie die Fixiertheit auf Styling und Fitness, Erfolg und Leistung leere Hüllen hervorbringen kann." (Süddeutsche Zeitung 2.4.07)

"... 16 Zuschauer beobachten Marie-Therese Futterknechts intensives Spiel von der Wohnzimmercouch aus... Die Regisseurin Susanna Enk hat den Monolog ohne Worte ... glaubwürdig in die heutige Zeit hereingeholt." (Landshuter Zeitung 31.3.07)

 

Fotos

Mit:
Marie-Therese Futterknecht

Regie: Susanna Enk

Bühne und Kostüme:
Svea Kossack

Stimme:
Michael Schories

Dramaturgie:
Rosi Ulrich

Assistenz:
Melanie Görner

Studio:
Hydra Productions

Premiere 15.3.2007