LECTURE MIT STEFAN MEKIFFER
Warum eigentlich genug Geld für alle da ist
#2#revolution eine angewandte utopieforschung
Grundeinkommen, lokale Währungen, Negativzinsen: Stefan Mekiffers radikal neue Geschichte des Geldes zeigt, wie wir in Zukunft leben und arbeiten. Mekiffer ist Ökonom und Philosoph, lebt in Berlin und baut in Landau einen Waldgarten auf. "Warum eigentlich genug Geld für alle da ist" ist sein erstes Buch.
Info
Negative Zinsen, nicht enden wollende Schuldenkrisen, die Rettung von Banken und ganzen Ländern, Geldsystemreformer, Karriereverweigerer, Occupisten, Geldphilosophen: Es brodelt gerade einmal wieder heftig im alten Streit um Geld, Wachstum, Schulden und Vergebung. Während bis vor Kurzem noch zwei widersprechende wirtschaftliche Betriebssysteme – Kapitalismus und Kommunismus – im Wettbewerb waren und man nach dem Absturz des letzteren glaubte, nun die Dinge in Ruhe klären zu können, scheinen die Dinge in Wirklichkeit erst recht kompliziert zu werden. Es gibt mehr Experten denn je, die, ausgerüstet mit ausgetüftelten Vokabeln, Rechnungen und Graphen, nicht über die allgemeine Ratlosigkeit hinwegtäuschen können, wie die offenkundigen Systemfehler entstanden sind und zu lösen wären. Das Verlangen der Staaten und Konzerne nach unendlichem Wachstum hat unterdessen mythische Dimensionen angenommen, aber über die Wirtschaft sprechen sie technisch und visionslos wie nie zuvor; und eine wachsende Öffentlichkeit sehnt sich jenseits der Lehren der Märkte nach Möglichkeiten, anders mit dieser Welt umzugehen.
Dieses Buch ist ein Versuch, in einem großen Narrativ die Rolle des Geldes in unserer Gesellschaft zu erklären. Es handelt von der Geschichte des Geldes und der Wirtschaft als einer Maschine. Es schöpft aus Literatur der unterschiedlichsten Bereiche – Philosophie, Ideengeschichte, Anthropologie, Biologie, Mechanik – und findet Bilder, die den abstrakten Vorgang von wirtschaftlichen Wachstum und Kommerzialisierung anschaulich machen. Das Buch erzählt, wie Geld entstanden ist, uns Menschen zu Mathematik, Philosophie wie Physik inspiriert hat und wie wir durch das alles dazu ermuntert wurden, die Wirtschaft als eine große, Wohlstand produzierende, mathematisch modellierbare und ingenieurstechnisch optimierbare Maschine zu begreifen, in der wir selbst nur kleine Zahnräder sind. Es erklärt, wie wir ein Geldsystem eingeführt haben, das auf Wachstum fußt und die Wirtschaft als Motor braucht, angetrieben durch fortlaufende Kommerzialisierung aller Geschäftsmöglichkeiten. Und es zeigt, warum dieser Mechanismus nicht nur Reichtum, sondern auch Armut und Elend produziert.
Das Buch bleibt aber nicht bei Analyse und Kritik stehen, sondern zeigt Alternativen auf, theoretisch wie praktisch: Es findet neue, biologische Metaphern, die nicht auf Krise und Kollaps hinauslaufen, sondern Transformationsmöglichkeiten eröffnen, eine Metamorphose in eine sinnvolle Wirtschaft versprechen und Aufbruchsstimmung verbreiten, indem sie die Bedeutung einzelner Lebensstile aufwerten. Mit konkreten Handlungsvorschlägen endet meine Erzählung durchaus optimistisch.
Das Buch schlägt einen großen Bogen. Es richtet sich gleichermaßen an Ökonomen (die gerne das Geld ignorieren) wie Laien (die Wirtschaft meist langweilig finden): Anstatt seitenlang auf technischen Details herumzukauen oder sich in wütender Polemik zu verlieren, versucht es munter das Große und Ganze anzupacken und die Rolle des Geldes verständlich zu machen. Und ich glaube, das gelingt. In aller Ehrlichkeit, dafür ohne alle Bescheidenheit gesagt – ich bin überzeugt, dass dieses Buch ein Knüller ist, dass Sie kaum eine klarere, facettenreichere, persönlichere und mitreißendere Betrachtung der Geldmaschine finden werden als auf diesen Seiten.
Biografisches
Stefan Mekiffer, Jahrgang 1988, hat Wirtschaft, Kulturwissenschaften, Politikwissenschaften und Philosophie in Maastricht, Paris und Berlin studiert. Neben seiner Tätigkeit als Autor gründet Stefan Mekiffer gerade einen Waldgarten und tritt als Klezmer-Musiker auf. Er lebt in Berlin und Landau.
Textauszug
Alle Philosophie ist Autobiografie, weil die Suche nach Antworten auf persönliche Fragen zu ihr führt. Ich bin an die Universität und zur Ökonomik gegangen, weil mich einige wirtschaftliche Fragen bewegten, die hauptsächlich normativer und pathologischer Natur waren: Warum gibt es so viel Armut neben so viel Reichtum? Warum haben wir kollektiv nie genug Geld für Krankenhäuser, Universitäten, Armutsbekämpfung und andere sinnvolle Dinge? Warum zerstören wir Wälder und rotten Tiere aus, obwohl wir beteuern, dies nicht zu wollen? Warum wird uns allen die Zeit immer knapper? Warum werden wir ständig nach Karriereplänen gefragt? Warum kaufen wir so viele billige Dinge, die schnell kaputtgehen? Warum verschwenden wir gleichzeitig so viel Öl und Plastik? Warum defnieren sich so viele Menschen über ihre Autos oder Mobiltelefone? Warum sind der Politik Bruttoinlandsprodukt und Wachstum so wichtig? Warum wirken viele Menschen, als hätten sie ständig Ängste? Überhaupt: Läuft hier nicht irgendwas schief mit der Wirtschaft? Wie kann man die Probleme beheben? Was habe ich damit zu tun? Was kann ich zur Lösung all dieser Fragen beitragen? Wie lebe ich vernünftig in dieser Zeit der Veränderungen? Und was hat Geld mit alldem zu tun?
...
Mir kam ein Verdacht. Könnte es sein, dass ausgerechnet die Ökonomik, die so angestrengt der unbestechlichen, harten Physik gleichen möchte, ein Tempel der Mythen, des Glaubens und der magischen Prophezeiungen ist, in dem unsere Angst vor Armut und unsere Hoffnung auf Überfluss ein Eigenleben entwickeln? Ich suchte weiter und begann zu ahnen, dass diese Suche mein Weltbild kopfstehen lassen würde. Zum Anlass des vorläufigen Endes meiner Universitätszeit habe ich deswegen das Buch geschrieben, das ich zu deren Beginn gerne gelesen hätte.
im Rahmen der Reihe "revolution eine angewandte utopieforschung" lädt das theater-51grad und der SalonK Stefan Mekiffer ein, sein Buch und seine ökonomische Vision vorzustellen.
mit:
Stefan Mekiffer
Termin:
22.10.2016, 20 h
Ort:
Freihandelszone
Krefelderstr. 71
50670 Köln